mit Jean-Pierre Félix-Eyoum, Oberdorfen.

Großneffe von Rudolf Douala Manga Bell

am Dienstag, 20. 5. 2025 

um 19.30 im Pfarrsaal von Mariä Dorfen, Ruprechtsberg

Eintritt auf Spendenbasis

Veranstalter: GWD

Der Kameruner Rudolf Douala Manga Bell wurde in deutschen Schulen erzogen. Er schätzte das deutsche Recht und  hatte als König seines Volkes  gute Beziehungen zu den Deutschen unterhalten. Sein friedlicher Widerstand gegen koloniale Landnahme wurde ihm zum Verhängnis:  er starb am Galgen der deutschen Kolonialherren. 30 Jahre lang bemühte sich sein Großneffe Jean-Pierre-Eyoum um die Rehabilitierung des afrikanischen Königs. 2024 gelang ein entscheidender Schritt.

Die deutsche Beteiligung am Kolonialismus und die Folgen ist vielen bis heute kaum ein Begriff. Am Beispiel  Kameruns und des Douala-Königs werden Zusammenhänge deutlich.

Rudolf Duala Manga Bell

Tet´Ekombo, Vater des Volkes! So nennen ihn die Leute in Douala, Kamerun. Er lebte nur vierzig Jahre, von 1873 bis 1914. Rudolf Duala Manga Bell war der erste Sohn von Manga Ndumbe und Enkel von Ndumb´a Lobe, der von den Europäern King Bell genannt wurde. Er war gerade 11 Jahre alt, als sein Großvater einen Vertrag mit Vertretern des deutschen Reiches unterschrieb und Kamerun damit deutsche Kolonie wurde. In diesem Vertrag versprachen die Deutschen ihm und den anderen Douala-Oberhäuptern, dass sie die Grundstücke und das Handelsmonopol im Besitz der Einheimischen belassen werden. So bekam das Deutsche Reich den Vorzug gegen England und Frankreich.

Von 1891 bis 1897 wurde Rudolf Duala Manga Bell als Jugendlicher in Deutschland ausgebildet und kehrte als selbstbewusster Mann mit einem ausgeprägten Sinn für Rechtsfragen und Gerechtigkeit nach Kamerun zurück. Nachdem er in Nachfolge seines Vaters zum König der Douala ernannt worden war, musste er 1910 erleben, dass die deutschen Kolonialherren die Vereinbarungen aus dem Jahre 1884 nicht mehr einhalten wollten. 

Es kam zu Enteignungen und rücksichtslosen Vertreibungen der Duala von ihren angestammten Ländereien. Rudolf stellte sich vor sein Volk, verzichtete auf alle Verlockungen und verteidigte konsequent seine Landsleute bis zum Tod. 
Dabei benutzte er ausschließlich friedliche und rechtsstaatliche Mittel, darunter Information und Mobilisierung der Öffentlichkeit und der Presse, Beschwerden beim Reichstag, Kontakte zu Rechtsanwälten und Petitionen. 

In einem Scheinverfahren am 7. August 1914 wurden er und sein Vertreter Ngoso Din wegen angeblichen Hochverrats zum Tode verurteilt und am folgenden Tag auf Befehl des deutschen Gouverneurs Karl Ebermeier im Innenhof der deutschen Polizeistation in Douala gehängt. 
Die Anklage war unbegründet und ein konstruierter Vorwand zur Eliminierung kolonialen Widerstands. Selbst nach damaligen Standards ignorierte das Verfahren Grundsätze der Justiz. 

Am 8. August 2024, 110 Jahren nach diesem Justizmord bekannte Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, im Namen der Deutschen Bundesregierung den Fehler des damaligen Reichskolonialamtes. In einer Presseerklärung bedauerte sie das Fehlurteil der Kolonialregierung und betonte dabei die Unschuld von Rudolf Duala Manga Bell und Adolf Ngoso Din.

Nun wird erwartet, dass die Regierungen beider Länder über zukünftige Wege der gemeinsamen Zusammenarbeit verhandeln, sei es in Wirtschaft, Kunst, Kultur sowie Schul- und Universitätswesen. Dies war hoffentlich nur ein erster Schritt in der Aufarbeitung der kolonialen Geschichte zwischen Deutschland und Kamerun! 

Jean-Pierre Félix-Eyoum

Kolonialistisches  Denken und Handeln – in den kleinsten Orten, bis heute

Der deutsche Kolonialsimus war bis vor kurzem ein völlig unterbelichtetes Thema. Er wurde in der Schule wie im gesellschaftlichen Diskurs wenig bis gar nicht erwähnt: dabei war das Deutsche Reich zeitweise flächenmäßig die drittgrößte Kolonialmacht weltweit.
Kamerun wurde wie andere afrikanische Länder 1884 unter die deutsche Schutzmacht gestellt worden, was bedeutete: die Menschen waren damit Untertane des deutschen Kaisers  – doch das deutsche Recht galt nicht für sie, der Schutz betraf nur die Kaufleute und Kolonisatoren. Die Deutschen waren speziell in den afrikanischen Kolonien grausame Herrscher: sie straften wegen geringster sogenannter Vergehen oder zu langsam empfundener Arbeit mit der gefürchteten Nilpferdpeitsche, ertränkten Kinder zur Strafe, richteten Konzentrationslager ein, ermordeten willkürlich Menschen; der erste Völkermord des 20.Jahrhunderts fand gegen die Herero und Nama in Namibia statt, u.a. trieb man die Menschen in die nahezu wasserlose Wüste und riegelte sie ab, so dass Zehntausende verdursteten. 
Zwar währte die Herrschaft der deutschen Kolonialherren „nur“ 30 Jahre – doch profitierten die Deutschen schon lang davor von den Kolonien,  und  das koloniale Denken und Handeln endete nicht 1918. Das „Sammeln“  von Kulturgütern,  rituellen Gegenständen und menschlichen Körpern ging weiter. Die Nationalsozialisten nahmen diese Grundlagen gern auf, sie gründeten ein Reichskolonialamt, und  nutzten mitgebrachte Körper zu Vermessungen zur sog. „wissenschaftlichen“ Begründung  ihrer Rassenideologie.
Im deutschen Sprachgebrauch prägte sich das koloniale Bild: man sprach von Rebellen und meinte die sich wehrenden Einheimischen, man nannte Aufstand, was  Selbstverteidigung der ansässigen Bevölkerung war. Der Raub der Militärs, Missionare und Forscher:innen galt als Sammeln, Gegenstände für religiöse Rituale wurden als Fetische entwertet.
Verbreitet war und ist noch die Ansicht, es gäbe in Afrika keine wirkliche Kultur - dabei lagern z.B. allein in deutschen Museen geschätzt 40 000 Gegenstände nur aus Kamerun, die von Kolonialist:innen mitgebracht worden waren. Im Fünf-Kontinente-Museum in München ist bis heute von genau einer Rückgabe die Rede.
Die botanischen Gärten gäbe es ohne die Kolonialisierung wohl gar nicht. Mit den Pflanzen aller Art hat man auch oft gleich noch die Menschen mitgenommen, die unter grausamen Bedingungen die Gärten anzulegen hatten. Derzeit beginnt man in manchen Gärten die Namen der Pflanzen zu ändern, die z.B. mit caffara(= Kaffern) näher bezeichnet wurden.  
Je mehr man sich damit beschäftigt, desto deutlicher wird, wie unser Alltagsleben auf einem kolonialistischen Umgang basiert und wir uns täglich günstiger Produkte bedienen, deren Preis nur durch die Arbeit zu ausbeuterischen Bedingungen zustande kommt. Auch wenn man heute nicht mehr von Kolonialwaren spricht wie vor einigen Jahrzehnten, ist der Preis durch den Handel für Kaffee, Tee, Palmöl,  Baumwolle, Früchte , Bodenschätze selten angemessen – bis hin zur Ausbeutung Seltener Erden für unsere Smartphones, die in gesundheitsschädlicher Kinderarbeit geschieht. Und afrikanische Menschen arbeiten sogar auf europäischem Boden in menschenunwürdigen und unfreien Verhältnissen. 
Die EU steht nicht einmal zum Lieferkettengesetz, das Kinderarbeit verhindern sollte! Der faire Handel hat ein schweres Leben - 
in Dorfen haben wir immerhin die Möglichkeit, vor Ort Kaffee, Tee, Schokolade, Reis und wunderschöne Alltagsgegenstände zu kaufen, die den Produzent:innen reelle, faire Preise garantieren: Weltladen am Rathausplatz 7.

Monika Schwarzenböck

Kolonialwarenladen am Platz der heutigen Sparkasse.

 

 

 
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